Wann, wenn nicht jetzt?!
Gleichstellungsbeauftragte formulieren Forderungen
"Wann, wenn nicht jetzt!?" - diese fragende Forderung formulieren die Gleichstellungsbeauftragten im Ennepe-Ruhr-Kreis gemeinsam mit 20 bundesweit tätigen Organisationen und Verbänden. Verlangt werden Kurskorrekturen und Weichenstellungen in Politik und Gesellschaft, die den Frauen aber auch allen anderen in Familie, in Pflege und Gesellschaft zu Gute kommen.
"Ohne Frage ist die Corona-Krise auf vielen Feldern eine große Herausforderung für uns alle. Wie ein Brennglas entblößt sie aber auch grundlegende Schieflagen im Leben von Frauen und in der Politik für gleichwertige Lebensverhältnisse", machen Gleichstellungsbeauftragte Christel Hofschröer und ihre Mitstreiterinnen aus Kreishaus und Rathäusern deutlich. "Die Pandemie vergrößert alle Probleme, auf die wir seit Jahren hinweisen. Es sind vor allem die Frauen, die die wirtschaftlichen und sozialen Kosten zu tragen haben, die einmal mehr abgehängt werden." Zu befürchten sei, dass sich Ungleichheiten verfestigen und sogar ausweiten.
Als ein Beispiel nennen die Gleichstellungsbeauftragten Alleinerziehende, die mit Anforderungen an Kinderbetreuung, Home-Schooling und womöglich noch Homeoffice alleine gelassen werden. Ein anderes: Die vielen Frauen, die in schlechter bezahlten und geringfügigen Jobs jetzt "freigestellt" werden und kaum vom Kurzarbeitergeld profitieren. Die weibliche Krux hier: Die Höhe des Kurzarbeitergeldes hängt vom Nettogehalt ab, dies fällt steuerbedingt bei Frauen häufig deutlich schlechter aus. Minijobberinnen haben zudem gar keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld.
"Dazu kommen diejenigen, die jetzt wegen der Kinder zuhause bleiben und berufliche Nachteile in Kauf nehmen oder um gar um ihre Jobs fürchten müssen. Und nicht zu unterschätzen sind auch die Risiken, Opfer häuslicher Gewalt zu werden", so die Gleichstellungsbeauftragten.
Die Krise biete aber auch Chancen. Dabei richten die Gleichstellungsbeauftragten ihren Blick weniger auf Applaus und einmalige Sonderzahlungen als vielmehr darauf, die offenbar gewordenen Schwachstellen im System neu zu verhandeln und den Betroffenen ein wirkliches Plus an Perspektiven aufzeigen zu können.
Die Gleichstellungsbeauftragten fordern deshalb, die Erfahrungen und Sichtweisen von Frauen und Familien aus der Coronazeit auch nach Corona im Blick zu behalten und langjährige frauen- und gleichstellungspolitische Forderungen endlich umzusetzen. Dazu zählen sie
- bessere Arbeits- und Verdienstbedingungen in Pflege, Gesundheitswesen, Erziehung und Einzelhandel,
- das Abschaffen der Sonderregelungen für Minijobs,
- Steuer-, Sozial- und Familienleistungen so aufeinander abzustimmen, dass sie zu einer tatsächlichen finanziellen Verbesserung für Frauen, insbesondere für Alleinerziehende führen,
- Rahmenbedingungen und Arbeitszeiten, die es Eltern möglich machen, sich die Sorge um Kinder und Angehörige zu teilen, sowie
- eine bedarfsgerechte und flächendeckende Versorgung mit Beratungsstellen und Gewaltschutzeinrichtungen.
Bei Fragen, Tipps, Anregungen oder dem Wunsch nach einem vertraulichen Gespräch, können sich Bürgerinnen und Bürger an ihre Gleichstellungsbeauftragte wenden.