Claus Jacobi: "Bald geht's nicht mehr über den Berg nach Schwelm"
Ein neues Freibad mit erhöhtem Spaßfaktor. Der Vendômer Platz als Ankerpunkt mit mediterranem Flair in der City. Das sind nur zwei Beispiele dafür, wie Gevelsberg in den nächsten Monaten noch attraktiver für Bürger und Gäste sein wird. Auf dem Weg in die Zukunft wird auf die Umwelt geachtet. Bei einigen Projekten fällt das vielleicht nicht auf den ersten Blick ins Auge, bei anderen sofort. Darüber sprach Bürgermeister Claus Jacobi mit dem Gevelsberger Journalisten Klaus Bröking im letzten Teil des Ausblicks auf 2021.
Frage: Vor vier Jahren wurde Gevelsberg vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club dafür geehrt, dass die Stadt zu den Kommunen in der Bundesrepublik gehört, die sich am meisten für Verkehrsteilnehmer mit dem „Drahtesel“ einsetzt. War das eine Verpflichtung für Sie?
Claus Jacobi: Was soll es anders sein als ein Ansporn? Wir haben die Auszeichnung auch als Herausforderung verstanden. Und das Jahr 2021 wird durchaus unter dem Zeichen des Fahrrads stehen. Die Fertigstellung des Radweges vom Gevelsberger Bahnhof West nach Schwelm wird ein großer Schritt nach vorne werden. Das ist mehr als die Verbindung zweier Nachbarstädte: Damit haben wir als Gevelsberger Radler auch den Anschluss an die Nordbahntrasse in Wuppertal.
Wie sieht denn der konkrete Zeitplan für den Radweg aus. Es hieß, die Schwelmer hinken hinterher?
Das ist längst nicht mehr so. Die beiden Städte marschieren bei dem ambitionierten Projekt Seite an Seite. Der Radweg, das ist die gute Nachricht, wird Ende dieses Jahres, es kann auch Anfang des nächsten sein, fertiggestellt. Auf jeden Fall wird die Verbindung den Radlern zu Beginn der Zweirad-Saison 2022 zur Verfügung stehen. Und dann hat auch eine alte Gevelsberger Redensart ihre Bedeutung verloren.
Welche wäre das?
Wenn wir nach Schwelm wollten, haben wir doch immer gesagt: „Ich geh‘ übern Berg“. Das ist dann nicht mehr der Fall. Der Radweg auf der alten Bahntrasse hat keine nennenswerten Höhenunterschiede.
Wenn wir schon einmal am Bahnhof West sind. Von hier soll es einmal auf zwei Rädern über das Stefansbachtal-Viadukt nach Silschede und weiter Richtung Wetter gehen. Die Umsetzung dieser Pläne scheinen immer wieder ins Stocken zu geraten?
Bei diesem wichtigen Projekt müssen wir uns auf die Straßenbaubehörde des Landes NRW verlassen. Dafür ist Straßen.NRW zuständig. Eigentlich haben wir damit gerechnet, dass die Sanierungsarbeiten am Viadukt, an den Brücken und den Tunneln auf dem Weg nach Silschede bereits im vergangenen Herbst in Angriff genommen wird. Da scheint es aber Unstimmigkeiten bei der Ausschreibung gegeben zu haben. Nach unseren neusten Informationen soll es aber in diesem März weitergehen.
Bleiben wir bei der Bahn und dem Fahrrad. Viele Pendler fahren mit dem Rad zum Haltepunkt der S-Bahn, steigen dort auf den öffentlichen Nahverkehr um und stellen sich dann die Frage: Wohin mit dem Fahrrad? Die Menschen nehmen ihr Rad mit in den Zug, weil sie nicht wissen, wohin damit.
Und deshalb werden wir in diesem Jahr die Initiative ergreifen. Wir können und wollen nicht darauf warten, dass die Bahn sich dieses Problems annimmt. Und deshalb bin ich froh, dass es der Verwaltung gelungen ist, Mittel aus der Sonderförderung Nahverkehr des Landes NRW zu bekommen. Damit können wir Fahrradboxen an den Haltepunkten Hauptbahnhof und Kipp finanzieren. Wir werden auch an allen Haltepunkten der S-Bahn in Gevelsberg neue Sammelabstellanlagen errichten. Der Übergang von dem Fahrrad auf den Nahverkehr der Bahn muss so bequem wie möglich sein. Wir können die Abstellmöglichkeiten aber nur auf Grundstücken errichten, die der Stadt gehören. Wir können nicht über den Bereich der Bahn verfügen. Mancher wird sich also über den Standort wundern.
Setzen Sie sich so sehr für Radfahrer ein, weil Sie selbst gern auf den Drahtesel steigen? Man soll sie ja schon gesehen haben, wie sie mit Anzug und Krawatte zum Rathaus radeln?
Das passiert gar nicht so selten, wie Sie vielleicht glauben. Ich gehe sogar mit dem Fahrrad auf Dienstreise. Zum Beispiel wenn ich meinen Kollegen in Wetter, Frank Hasenberg, besuche.
Als passionierter Jäger sind Sie auch gern im Wald. Im Gevelsberger Stadtwald regiert zurzeit die Kettensäge. Die trockenen Sommer der letzten Jahre und der Borkenkäfer haben dem Fichtenbestand geschadet.
Das ist leider so. 20 Hektar – das ist keine kleine Fläche – müssen abgeholzt werden, weil die Förster uns sagen, dass die Bäume eine Gefahr für die Menschen sind, die dort Erholung suchen. Eine Alternative wäre die Sperrung des Waldes. Das kommt für uns aber nicht in Frage.
Es wird aber doch wieder aufgeforstet?
Natürlich: Wir tauschen Nadeln gegen Blätter. Wir wollen einen Mix an Bäumen mit Schwerpunkt Buchen im Sommer pflanzen lassen. Das wird aber gar nicht so einfach sein. Schließlich gibt es nicht nur in Gevelsberg, sondern in ganz Europa Probleme mit Klima und Borkenkäfern. Deshalb wird es schwer werden, auf dem Markt junge Bäume zu bekommen, die wir pflanzen können. Wir haben aber trotzdem das ehrgeizige Ziel, noch vor dem Sommer damit zu beginnen.
Das sind alles große Schritte in der Gevelsberger Umweltpolitik, die Sie zur Chefsache gemacht haben.
Das sehe ich auch so. Und die kann man nur machen, wenn alle in der Sadt an einem Strang ziehen. Wir dürfen aber auch die kleinen Schritte nicht vergessen. Ich habe mich über unsere Bürger gefreut, die sich beim Gartenwettbewerb in der Stadt beteiligt haben. Damit ist ein großes Engagement sichtbar geworden. Außerdem haben wir eine Energieberatung in den Quartieren aufgebaut. Das geht soweit, dass jeder, der eine Immobilie in Gevelsberg erwirbt, über die energetischen Fördermaßnahmen aufgeklärt wird. Eine entsprechende Broschüre ist in den Neubürgerpaketen die wir verteilen. Sie wird aber auch über die Gevelsberger Notare weitergereicht. Und überall, wo wir als Stadt investieren, steht der Umweltschutz mit im Vordergrund.